Traditionelle chinesische Medizin

Im alten China galt das Leben im Einklang mit der Umwelt und unterschiedliche Kräfte in Harmonie als Voraussetzung für Glück und Gesundheit. Aus diesem uralten Wissen können wir auch heute noch schöpfen. Gesundheit bedeutet in der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) nicht die Abwesenheit von Krankheit, sondern ein ausgeglichener Energiefluss im Körper. Die Lebensenergie Qi, die in der TCM eine bedeutende Rolle spielt, fließt im gesamten Organismus durch die Energieleitbahnen des Körpers. Solange das Qi ungehindert fließt, befindet sich der Mensch laut der TCM im körperlichen und seelischen Gleichgewicht und ist gesund.

Die traditionelle chinesische Medizin ist eine der bedeutendsten alternativen Therapieverfahren und konnte bereits zahlreichen Menschen bei Alltagsbeschwerden oder chronischen Erkrankungen helfen. Dies konnte im Rahmen verschiedener Studien verdeutlicht werden. In der TCM wird zudem großen Wert auf vorbeugende Maßnahmen und das Vermeiden von Krankheiten gelegt. Durch die ganzheitliche Sichtweise ist die TCM eine sinnvolle Ergänzung zu unserer westlichen Medizin. Einige Methoden der TCM können Sie auch selbst durchführen.

INHALTSVERZEICHNIS

Traditionelle chinesische Medizin kann eine Alternative zu konventionellen Heilmethoden sein

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Die TCM fokussiert sich auf eine ganzheitliche Gesundheit

Die Erfolgsgeschichte der TCM in der westlichen Welt ist auf die ganzheitliche Perspektive zurückzuführen, bei welcher Körper, Geist und Seele als eine Einheit betrachtet werden. Denn die einzelnen Therapiemethoden der traditionellen chinesischen Medizin haben neben der Linderung der körperlichen Beschwerden auch die Harmonisierung des gesamten Organismus zum Ziel.1

Das Erhalten oder Wiederherstellen des inneren Gleichgewichts steht bei der traditionellen chinesischen Medizin im Vordergrund. Durch einen verantwortungsvollen Umgang mit sich selbst soll der Organismus gestärkt und Krankheiten vermieden werden.2

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Vorbeugen, Behandeln und Stärken: Die Anwendungsgebiete der traditionellen chinesischen Medizin

Die traditionelle chinesische Medizin kann Erfahrungsberichten zufolge bei zahlreichen chronischen Beschwerden, sowohl bei körperlichen Schmerzen als auch bei psychischen Beeinträchtigungen, eine Hilfe darstellen. Darüber hinaus werden in der TCM auch Therapieverfahren eingesetzt, die das Immunsystem unterstützen oder Erkrankungen in der Erkältungszeit vorbeugen können.

Die Therapieverfahren lassen sich aus den fünf Säulen der TCM ableiten

Die fünf Säulen der chinesischen Medizin sind die Therapieverfahren

  • Akupunktur und Akupressur,
  • die chinesische Ernährungslehre,
  • die Arzneimitteltherapie der TCM,
  • die meditativen Übungstechniken Qigong und Tai-Chi und
  • die Heilmassage Tuina.

Akupunktur ist als Heilmethode auch hierzulande verbreitet

Bei der Akupunktur werden Nadeln an bestimmten Körperpunkten gesetzt, die sich in der Regel auf den Energieleitbahnen befinden. Da jede Leitbahn Verbindungen zu Körperfunktionen im Inneren aufweist, kann durch das Behandeln von Akupunkturpunkten an der Oberfläche eine tiefgreifende Wirkung erzielt werden. Die Lebensenergie soll wieder frei fließen und Schmerzen gelindert werden.

Akupunktur in der traditionellen chinesischen MedizinÜber Akupunkturpunkte können verschiedene heilende Impulse gesetzt werden, die

  • anregend
  • beruhigend oder
  • dämpfend sein können.

Die Stiche sind sehr fein und für den Patienten daher nicht schmerzhaft. Eine Akupunktursitzung dauert im Schnitt 15–40 Minuten. In manchen Fällen kann mit einer Sitzung bereits eine deutliche Besserung erzielt werden. Die Therapie kann jedoch auch einige Wochen andauern.

Um bestimmte Körperstellen gezielt zu erwärmen, wird in der Akupunktur ergänzend häufig die Moxibustion verwendet. Mithilfe eines brennenden Moxa-Stäbchens aus Beifuß- oder Wermutkraut werden Akupunkturpunkte ungefähr zwei Minuten lang behandelt. Neben der Hitze des Stäbchens sind auch die ätherischen Öle des Beifußes oder Wermut wirksam.3

Die energetischen Heileffekte von Nahrungsmitteln sind eine wichtige Säule der TCM

Die Ernährung ist in der traditionellen chinesischen Medizin ein wichtiges Element für die Heilung und die Gesunderhaltung des Körpers. Laut der TCM beeinflussen die Eigenschaften der Lebensmittel deren Wirkung. In China gibt es sogar Restaurants, welche die Speisen nach den jeweiligen Beschwerden ihrer Gäste individuell zusammenstellen. Zu den Eigenschaften der Nahrungsmittel zählen:

  • der Geschmack,
  • der Geruch,
  • die Farbe,
  • die Temperatur und
  • die Konsistenz der Nahrungsmittel.

Um alle Organe ausreichend zu ernähren, sollte jede Mahlzeit alle fünf Geschmacksrichtungen enthalten:

  1. bitter
  2. sauer
  3. scharf
  4. salzig
  5. süß
Geschmackrichtungen der Nahrung

Während bittere Lebensmittel das Herz stimulieren sollen, sind saure Lebensmittel der Leber, Scharfes der Lunge, Salziges den Nieren und Süßes der Milz und der Bauchspeicheldrüse zugeordnet.

Die chinesische Arzneimitteltherapie favorisiert pflanzliche Inhaltsstoffe

Bei der Arzneimitteltherapie der TCM werden vorzugsweise pflanzliche Inhaltsstoffe, teilweise auch tierische Bestandteile oder Steine verwendet. Diese werden je nach Wirkung kombiniert und in verschiedenen Darreichungsformen eingenommen:5

  • Pulver
  • Kapseln
  • Abkochungen, die ähnlich wie ein Tee aussehen

Während in der westlichen Medizin die Zusammensetzung einer Heilpflanze Beachtung findet, stehen in der Arzneimitteltherapie der TCM die folgenden Merkmale im Vordergrund:6

  • der Geschmack,
  • die Wirktendenz und
  • das Temperaturverhalten der Substanz.

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Die Geschmacksrichtungen der Granulate

Der Geschmack der Arzneien spielt in der TCM eine bedeutende Rolle. Anhand des Geschmacks – süß, sauer, salzig, bitter oder scharf – wird die Wirkung der Arznei genauer klassifiziert.7 Je nach Geschmacksrichtung wird eine Arznei einem bestimmten Funktionsbereich zugeordnet.8

Yin-Yang Meridiane: Die Wirkleitbahnen der TCM Arznei

Sämtliche Energieleitbahnen des Organismus, die sogenannten Meridiane, sind den Gegenpolen Yin oder Yang zugeordnet. Der Gegensatz der beiden Elemente Yin und Yang stellt in der TCM ein Schlüsselkonzept dar, das auf der Beobachtung basiert, dass in der Natur stets ein Zusammenspiel gegensätzlicher Faktoren vorliegt.

Yin und Yang symbolisieren daher entgegengesetzte Elemente, die sich ergänzen und untrennbar miteinander verbunden sind. Wird eines der Elemente übermäßig beansprucht, kommt es zu einer Disharmonie und somit zu einem Ungleichgewicht des Systems. Yin und Yang sollten daher stets in einem ausgewogenen Verhältnis zueinanderstehen.9

Insgesamt gibt es zwölf Hauptenergieleitbahnen: sechs Yin- und sechs Yang-Meridiane.

Yin-Meridiane:

  • Leber (Le)
  • Lunge (Lu)
  • Milz-Pankreas (MP)
  • Herz (H oder He)
  • Niere (N oder Ni)
  • Herzhülle (HH, auch Perikard, Kreislauf-Sexualität, Meister des Herzens)

Yang-Meridiane:

  • Gallenblase (G oder Gb)
  • Dickdarm (Di)
  • Magen (Ma)
  • Dünndarm (Dü)
  • Blase (B)
  • Sanjiao (SJ, Dreifacher Erwärmer, 3E)

Die Temperatur der Arznei bestimmt ihren Anwendungsbereich

In der traditionellen chinesischen Medizin ist die Temperatur einer Arznei für ihren Verwendungszweck maßgeblich:10

  • Kalte Arzneien sollen Energie spenden und Schmerzen, Fieber oder Rötungen lindern. Bei leichtem Fieber oder Sommerhitze werden hingegen kühle Pflanzen verwendet.
  • Pflanzen mit „heißen Merkmalen“ werden bei Schüttelfrost oder einem Virus verwendet.
  • Pflanzen mit neutralen Merkmalen sollen eine ausgleichende Wirkung auf die Körperfunktionen haben.

Koordinationsübungen und Meditation sollen den Körper von innen heraus unterstützen

Die Meditationsübungen des Qigong und Tai-Chi werden zusätzlich als unterstützende Behandlungsmethoden eingesetzt und sollen den Körper von innen stärken und Spannungen lösen.

  • Qigong bedeutet vereinfacht übersetzt die „Arbeit mit dem Qi“. Durch bestimmte Übungen und Bewegungen soll die Lebensenergie Qi in die gewünschte Richtung gelenkt werden. Dies erfordert eine gewisse Praxis und sollte anfangs daher täglich praktiziert werden. Die Richtung wird durch das eigene Bewusstsein und die Lenkung der Aufmerksamkeit festgelegt. Denn ein wichtiger Grundsatz im Qigong lautet: „Das Qi folgt der Aufmerksamkeit“. 11
  • Die Tai-Chi-Übungen sind sehr langsam durchgeführte Bewegungsabläufe. Tai-Chi kann u. a. dabei helfen, den Fluss des Qi zu harmonisieren sowie zur inneren Ruhe und Gelassenheit zu finden. Auch von weiteren positiven Auswirkungen, beispielsweise auf den Bewegungsapparat und die Verdauung wird berichtet.12

Die traditionelle chinesische Medizin setzt auf spezielle Massagetechniken

Tuina Massage Die Heilmassage Tuina basiert ebenfalls auf der Theorie der Meridiane. Neben einzelnen Punkten und Arealen werden bei der Heilmassage auch ganze Energieleitbahnen durch Reiben oder Kneten behandelt. Die Ziele der Massage sind13

  • das Lösen von Blockaden,
  • das Fördern der Durchblutung,
  • die Linderung von Schmerzen sowie
  • das Anregen des Lymphabflusses.
Tradionelle chinesische Medizin

Schulmedizin und TCM: Verpartnert statt verfeindet

Die traditionelle chinesische Medizin ist mit den gängigen naturwissenschaftlichen Prinzipien nicht vereinbar und ist daher aus der westlichen Sicht schwer nachvollziehbar. Trotz der unterschiedlichen Ansätze können sich beide Betrachtungsweisen gegenseitig ergänzen und miteinander kombiniert werden.15

Wissenschaftliche Studien zu den fernöstlichen Therapiemethoden

Über die traditionelle chinesische Medizin gibt es zahlreiche Studien, welche die Wirksamkeit der Therapiemethode untersuchen. Laut einer Studie der Jiaotong-Universität Xi’an und des Xianyang Central Hospital erweisen sich traditionelle chinesische Behandlungsmethoden als geeignet, um Beschwerden des Bewegungsapparates zu lindern.16 Die Universität von Gothenburg führte eine Untersuchung durch, welche den positiven Einfluss der Akupunktur auf die Psyche verdeutlichen konnte. 17 Eine weitere Studie konnte eine positive Wirkung der Akupunktur auf die Alltagskompetenz und die Kognition von Alzheimer-Patienten veranschaulichen.18

Die TCM Anamnese zeichnet sich durch einen ganzheitlichen Ansatz und spezielle Diagnoseverfahren aus

Die ganzheitliche Sichtweise der TCM spiegelt sich auch in der Anamnese wider, bei welcher stets der gesamte Mensch betrachtet wird. Während in der westlichen Medizin ausschließlich die Körperpartie untersucht wird, welche zu Beschwerden führt, wird in der TCM das gesamte Befinden erfragt. So werden beispielsweise

  • der Puls,
  • die Zunge,
  • die Körperhaltung,
  • die Hautqualität und -farbe,
  • die Zähne,
  • die Haare sowie
  • die Fingernägel untersucht.

Auch Umwelteinflüsse und der Verlauf der Beschwerden über den Tag und während der Jahreszeiten werden in die Anamnese miteinbezogen. Denn in der TCM steht die Ursache der Beschwerden und der gesamte Energiefluss des Organismus im Vordergrund.

  1. Prof. TCM (Univ. Yunnan) Li Wu: „TCM für jeden Tag“, Mankau Verlag (2017)
  2. Prof. TCM (Univ. Yunnan) Li Wu: „TCM für jeden Tag“, Mankau Verlag (2017)
  3. Prof. TCM (Univ. Yunnan) Li Wu: „TCM für jeden Tag“, Mankau Verlag (2017)
  4. Dr. med. Cornelia Böttcher: „TCM für Einsteiger – Das Praxisbuch zur Selbstbehandlung“, BLV Verlag (2017)
  5. Dr. med. Cornelia Böttcher: „TCM für Einsteiger – Das Praxisbuch zur Selbstbehandlung“, BLV Verlag (2017)
  6. Prof. TCM (Univ. Yunnan) Li Wu: „TCM für jeden Tag“, Mankau Verlag (2017)
  7. Bißwanger-Heim, T./Ernst, E.: „Asiatische Heilkunde“, Stiftung Warentest (2011)
  8. Prof. TCM (Univ. Yunnan) Li Wu: „TCM für jeden Tag“, Mankau Verlag (2017)
  9. Prof. TCM (Univ. Yunnan) Li Wu: „TCM für jeden Tag“, Mankau Verlag (2017)
  10. Prof. TCM (Univ. Yunnan) Li Wu: „TCM für jeden Tag“, Mankau Verlag (2017)
  11. Dr. med. Cornelia Böttcher: „TCM für Einsteiger – Das Praxisbuch zur Selbstbehandlung“, BLV Verlag (2017)
  12. Prof. TCM (Univ. Yunnan) Li Wu: „TCM für jeden Tag“, Mankau Verlag (2017)
  13. Prof. TCM (Univ. Yunnan) Li Wu: „TCM für jeden Tag“, Mankau Verlag (2017)
  14. Dr. med. Cornelia Böttcher: „TCM für Einsteiger – Das Praxisbuch zur Selbstbehandlung“, BLV Verlag (2017)
  15. https://www.gesundheitsgmbh.de/news/traditionelle-chinesische-medizin-versus-schulmedizin-nur-ein-scheinbarer-widerspruch/ (aufgerufen am 21.06.2021)
  16. Yuan QL, Guo TM, Liu L, Sun F, Zhang YG. Traditional Chinese medicine for neck pain and low back pain: a systematic review and meta-analysis. PLoS One. 2015 Feb 24;10(2): e0117146.
  17. Arvidsdotter, T., Marklund, B. & Taft, C. Effects of an integrative treatment, therapeutic acupuncture and conventional treatment in alleviating psychological distress in primary care patients – a pragmatic randomized controlled trial. BMC Complement Altern Med 13, 308 (2013).
  18. Gu W, Jin XX, Zhang YJ, Li ZJ, Kong Y. [Clinical observation of Alzheimer’s disease treated with acupuncture]. Zhongguo Zhen Jiu. 2014 Dec;34(12):1156-60. Chinese. PMID: 25876339.
Traditionelle chinesische Medizin

Susann Krüger

Susann Krüger hat ihre Ausbildung am Institut für angewandte Kinesiologie und Naturheilkunde im Jahr 2018 abgeschlossen und ist seither als Pferdeosteopathin im Dreiländereck tätig. Motiviert durch ihr Interesse an naturheilkundlichen Themen unterstützt sie seit 2020 das Redaktionsteam der bio-apo.